Grenzpässe für Arbeitnehmer?
Am 7. Juli hat Polen Kontrollen an der Grenze zur Bundesrepublik Deutschland eingeführt. Dieser Zustand soll nach aktuellen Informationen bis zum 5. August 2025 andauern. Dies ist eine Reaktion auf die Anfang Mai dieses Jahres eingetretene Verschärfung der deutschen Kontrollen. Unternehmer in der Grenzregion sind angesichts dieser Entscheidungen nicht optimistisch. Sie warnen vor schwerwiegenden und sehr negativen Folgen dieses Schritts.
„Wir erwarten, dass die Kontrollen an der polnischen Grenze zu noch größeren Staus als bisher und zu erheblichen Beeinträchtigungen für Transportunternehmen sowie für Pendler nach Deutschland führen werden“, sagte Sven Weickert, Geschäftsführer der Vereinigung der Unternehmerverbände in Berlin und Brandenburg, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur dpa und fügte hinzu: „Täglich überqueren mehrere tausend Pendler aus Polen die Grenze zu Brandenburg. Die eingeführten Grenzkontrollen werden jedoch ihre Anfahrtsmöglichkeiten und natürlich die Produktionsprozesse vieler Unternehmen erheblich beeinträchtigen. Auch Handelsunternehmen müssen mit Einbußen rechnen.“

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Nicht alle sind dafür
Wir können somit davon ausgehen, dass die Grenzkontrollen nicht nur für viele Unternehmen in der Grenzregion eine zusätzliche Belastung sein werden, sondern auch für Arbeitnehmer aus Polen, die für ihr sprichwörtliches Brot nach Deutschland reisen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Wirtschaftsverbände nach Lösungen suchen, um die Auswirkungen der Kontrollen abzumildern. Die Industrie- und Handelskammern (IHK) in Brandenburg und Berlin haben vorgeschlagen, Grenzpässe für Pendler aus Polen einzuführen – wie es während der Covid19-Pandemie der Fall war. Der Logistikverband BGL hingegen schlägt separate Fahrspuren für Lkw vor. André Thierig, Leiter des Tesla-Werks in Grünheide bei Berlin, ist besonders besorgt über die Situation an der deutsch-polnischen Grenze und fordert Pässe für Grenzgänger. Viele der fast 12.000 Tesla-Mitarbeiter pendeln aus Polen, und die Grenzkontrollen stellen für sie eine erhebliche Belastung dar. Sie alle machen keinen Hehl aus ihrer Angst, nicht pünktlich zur Arbeit kommen zu können. „Die Tesla-Autofabrik arbeitet im Dreischichtsystem, daher ist Pünktlichkeit besonders wichtig“, argumentiert André Thierig und hofft, dass die Pässe das Problem teilweise lösen werden. Es gibt jedoch Skeptiker einer solchen Idee. Sie glauben, dass die Pässe viel Bürokratie bedeuten und die ohnehin schon schwierige Situation weiter verkomplizieren könnten. Eine weitere Verschärfung des Problems sei dann nicht auszuschließen.
“Grenzkontrollen werden nicht nur für viele Unternehmen in der Grenzregion eine zusätzliche Belastung sein, sondern auch für Arbeitnehmer aus Polen, die für ihr sprichwörtliches Brot nach Deutschland reisen.”
Grenzpass wird nicht helfen
Der Koordinator des Auswärtigen Amtes für die Zusammenarbeit mit Polen, Knut Abraham, weist darauf hin, dass das größte Problem für polnische Pendler die einspurige Kontrolle der Bundespolizei auf der Autobahn sei. „Ein Grenzpass hilft hier überhaupt nicht“, so der Politiker. Seiner Meinung nach sollte eine zweite Spur der Autobahn geöffnet werden. Die deutsche Polizei arbeitet bereits daran, die Situation an dieser Stelle zu verbessern. Zur Erinnerung: Deutschland führt seit Oktober 2023 stichprobenartige stationäre Kontrollen an der Grenze zu Polen durch, um illegale Migration zu stoppen. Anfang Mai dieses Jahres, nach dem Amtsantritt der neuen Regierung von Bundeskanzler Friedrich Merz, wurden die Kontrollen verschärft. Die Bundespolizei weist Migranten zurück, die illegal über die Grenze nach Deutschland einreisen. Dies gilt auch, wenn sie Asyl beantragen – mit Ausnahme von Minderjährigen, Frauen mit Kleinkindern und Schwangeren sowie kranken und hilfsbedürftigen Menschen. Wie ein Sprecher des deutschen Innenministeriums mitteilte, wies die Bundespolizei im Zeitraum vom 8. Mai bis zum 30. Juni dieses Jahres im Zusammenhang mit der vorübergehenden Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Grenzen Deutschlands rund 1.350 Menschen an der Grenze zu Polen zurück. Im Zeitraum vom 1. bis zum 31. Mai dieses Jahres wurden 210 Menschen gemäß der Dublin-Verordnung der Europäischen Union nach Polen überstellt. Was bedeutet diese Verordnung? Das Dublin-Verfahren sieht vor, dass über einen Asylantrag das erste EU-Land entscheidet, in dem eine bestimmte Person ankommt. Migranten, die aus Polen nach Deutschland gezogen sind, werden daher zurückgewiesen.